Die Parable der 7 Blinden (Quelle unbekannt)
Eine Erzählung, die mir mündlich überliefert wurde
Irgendwann, vor langer Zeit, trafen sich sieben Blinde, die auf der Suche nach dem Sinn und der Richtigkeit des Lebens waren. Sie beschlossen nach und nach, ihren Weg gemeinsam weiterzugehen. Viele Tage und Nächte halfen sie sich gegenseitig mit ihren verbliebenen ausgeprägten Sinnen, den Weg gut und sicher zu gehen.
Einer konnte besonders gut riechen und erkannte dadurch viele Kräuter und essbare Pflanzen. Ein anderer konnte besonders gut hören und erkannte dadurch Gefahren und er fand Wasser in großen Entfernungen. Ihr Weg führte sie durch weite Landschaften, tiefe Schluchten und Berge, bis sie eines Tages eine Gegend erreichten, in der weise, alte Menschen gemeinsam lebten. Sie wurden von diesen herzlich aufgenommen und zum Bleiben eingeladen. Sie erzählten von ihrer langen Wanderung, ihren Abenteuern und ihrer Suche nach dem Wissen, dem Leben und nach der Gesamtheit, der Quintessenz aus allem, was ist.
Die weisen Menschen aus dem Dorf schlugen den sieben Blinden vor, an einer Zeremonie teilzunehmen. Diese willigten freudig ein. Sogleich wurde für den nächsten Tag eine Zeremonie organisiert, bei der die sieben Blinden Erkenntnis gewinnen sollten. Am nächsten Tag wurden sie in einen Park geführt. Anschließend forderte man sie auf das, was vor ihnen stand, anzufassen und zu beschreiben. Die Sieben taten, wie ihnen geheißen. Jeder von ihnen ging mit ausgestreckten Armen nach vorne, und als sie etwas berührten, betasteten sie es.
Dabei berichteten sie von ihren Wahrnehmungen.
Der Erste erzählte: »Ich fühle so etwas wie eine große Säule, dick, stämmig, warm, es ist wie ein Baum, der in der Sonne steht, ein großer starker Baum.«
Der Zweite meinte dazu: »Nein, das kann nicht sein, ich spüre so etwas wie einen Pinsel, einen großen biegsamen Pinsel mit feinen langen Haaren daran!«
Der Dritte widersprach: »Ich fühle etwas Riesiges und Dünnes, es ist fein wie Segeltuch und auch so weich, und es flattert im Wind, ich kann es hören.«
Der Vierte rief: »Aber nein, ich fühle eine große Decke, die sich über mir wölbt wie in einer Höhle oder einem Tempel. Sicher und wohl fühle ich mich hier!«
Der Fünfte schüttelte den Kopf und sagte:»Ich fühle einen zarten Beutel. Er ist wie ein Brunnen, denn süße Milch fließt heraus, es ist ein Paradiesbrunnen hier in dieser warmen Gegend!«
Der Sechste erzählte: »Ich fühle etwas Weiches, was sich bewegt. Es ist wie eine große Schlange, aber nicht glitschig, eher trocken und mit Falten, vielleicht ein großer Wurm oder eine Raupe.
Der Siebte wurde hochgehoben und sprach: »Ich fühle, dass ich getragen werde – stark, kräftig, warm, liebevoll und behütet. Sagt ihr Weisen, was ist das für ein Wunderding, das ihr uns erfühlen lasst?«
Die Weisen sprachen: »Nun, eure Frage war die nach der Wahrheit und dem Sinn des Lebens. Hier ist nun unsere Antwort an euch:
Ihr habt alle zusammen eine Elefantenkuh beschrieben. Ein Tier, das es da, wo ihr herkommt, nicht gibt. Ihr seid auf eurer Suche aus eurer Heimat in Europa bis hierher zu uns nach Asien gereist, um zu lernen, dass es Dinge gibt, die beschrieben werden können, aber doch wieder jedem seine eigene Wahrheit schenken. Alle Wahrheiten zusammen ergeben wiederum ein anderes Bild des Beschriebenen:
Der Baum ist der Fuß der Elefantenkuh,
der Pinsel ist ihr Schwanz,
das Segeltuch sind die Ohren,
der Höhlendecke ist der Bauch,
der Brunnen sind die Zitzen,
der Wurm ist der Rüssel
und der siebte von euch sitzt oben auf dem Rücken der Elefantenkuh.«
Alle haben ihre Sinne bemüht, dennoch blieb es bei der Beschreibung ihres Sichtfeldes, eben dem, was sie mit ihren Sinnen gerade erfahren konnten. Gemeinsam konnten sie ein Stückchen des Geheimnisses lüften, weil sie sich ihre Eindrücke gegenseitig vermittelten. Das Gesamte jedoch werden sie nie erfassen können, weil es immer weitergeht. Jede Minute, jede Sekunde geht es weiter, es lernt, lebt, heilt, verletzt, trauert, feiert, dankt, bittet, öffnet die Augen und schaut weg – die Unendlichkeit des Seins, das Leben.
So wie mit den sieben Blinden dieser Geschichte verhält es sich meiner Meinung nach auch mit dem Schamanismus. Schamanismus ist etwas, was ich mit meinen Sinnen erfahren kann, jedoch in seiner Gesamtheit wohl kaum je erfassen werde. Es gibt genauso viele Wege und Möglichkeiten das Leben zu leben, wie es Wesen gibt, die es leben. Jedes dieser Wesen erfährt seine Welt auf einzigartige und unvergleichliche Art und Weise. Und jedes dieser Wesen ist in seinem Ursprung ebenso einzigartig und unvergleichlich.
Wenn ich nun alle Bücher dieser Welt zu diesem Thema lesen würde und alle Seminare, die angeboten werden, besuchen würde, würde ich ebenso viele verschiedene Möglichkeiten von praktischem Schamanismus kennen. Für mich selbst ist es viel wichtiger, den Weg, der mir entspricht, zu finden. Und dabei sind der Alltag, das, was mir Spaß macht und das, was mir Mühe bereitet, wesentlich wertvollere Begleiter als so manche Seminarleiter.
Etwas, was für mich in der schamanischen Arbeit von absoluter Wichtigkeit ist, ist sicherzugehen, dass mein eigenes Denken, mein Ego – oder wie auch immer es genannt wird –, bei der Arbeit zurücktritt und der Kraft, der Quelle, Platz macht. Man sollte immer bedenken, dass Gedanken wie: »Ich bin ein Heiler«, »Ich kann dich magisch befreien« und andere während der schamanischen Arbeit verhängnisvoll sein können. Ich muss mir stets bewusst machen, dass ich nur ein Gefäß, ein Kanal für die Kräfte sein darf, die durch mich wirken.
Die Kraft zur Wandlung kommt keineswegs von mir persönlich. Ich bin auch nicht in der Lage, jemanden zu heilen. Wenn Heilung geschehen darf, dann nur durch die »Hände« der Schöpferkräfte. Jeder sollte sich stets bewusst sein, dass er immer mit der Kraftquelle verbunden ist, allein schon deshalb, weil er lebt.
In der Summe ist Schamanismus für mich ein Weg von vielen, mit dem Menschen lernen können, mit der Schöpfung und den Welten heilsam und gemeinsam ihr Leben zu gestalten; jeder auf seine eigene einzigartige Weise. Jeder Bereich des Lebens ist für mich schamanisch: Es gibt Übergänge im Leben wie die Zeugung, die Geburt, die Pubertät, das Alter, der Tod, aber auch Beruf, Lebensumfeld, alltägliche Begegnungen und Handlungen zähle ich dazu und ebenso Rituale, die oft gar nicht als solche wahrgenommen werden.
Alles was ich in meinen Seminaren weitergebe ist alltagstauglich – und das soll es auch sein – ist Schamanismus doch ein Lebensweg, ein tagtägliches Wirken!
Herzgruß,
Eure Sabrina
So viele Wesen, so viele Wege, eine der wenigen ewigen Wahrheiten für mich. So wie die einfache Formel Aktion=Reaktion. Ich möchte kurz von meinem Weg heute erzählen: als psychosegefährdetes Wesen darf ich Dinge wie Hypnose nie erfahren- ich würde abheben, mich verlieren. So darf ich auch keine schamanischen Reisen machen. Muss ich aber auch gar nicht, es kommt nämlich alles zu mir, im völlig bewussten Zustand. Ich ziehe eine wunderbare Orakelkarte, öffne mein Herz und plötzlich stehe ich vor dem Bild meiner verstorbenen Großtante. Ihre Augen glänzen und plötzlich lächelt sie mich an. Übersinnliche Erfahrung, mancher mag das belächeln. Aber wie ich mittlerweile weiß, werde ich geführt und beschützt. Meine Tante Resi gehört zu den Wesen, die mir sehr nahe standen zu Lebzeiten. Jetzt weiß ich: Sie ist mir noch immer nah! Führt und schützt mich, wenn sie will und ich es zulasse. Jeder hat einen anderen Weg. Früher wollte ich sein wie… Jetzt bin ich froh, endlich ICH zu sein. Nicht mehr und nicht weniger. ❤️